Rundum-Schutz
In vielen Branchen fehlen seit Jahren qualifizierte Arbeitskräfte, was sich zu einer Wachstumsbremse der deutschen Wirtschaft entwickelt hat. Mit dem Renteneintritt der Babyboomer sind schnelle Lösungen zur Sicherung der Fachkräftebasis gefragt. Das Potenzial der Geflüchteten für den Arbeitsmarkt wird bisher zu wenig ausgeschöpft. Abhilfe soll der Job Turbo der Bundesregierung schaffen. Neben der beruflichen Integration ist die Willkommenskultur wichtig für die gesellschaftliche Teilhabe.
Anlässlich des 12. Deutschen Diversity Tages haben wir darüber mit Leonie Gebers, Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Prof. Dr. Marcel Fratzscher, Präsident des DIW Berlin, Marc Biadacz MdB (CDU), Anne Kjaer Bathel (CEO ReDi School of Digital Integration) und Maren Kogge (Kain & Kogge GmbH) diskutiert. Moderiert wurde die Diskussion von Dr. Andrea Timmesfeld, Head of Public, Governmental and European Affairs und Leiterin des Hauptstadtbüros.
Katrin Gruber, Chief Business Officer Direct der Generali Deutschland AG, eröffnete die Veranstaltung und betonte, dass es aufgrund der politischen Diskussionen um Migration für die Generali wichtig sei, eine offene und freie Gesellschaft zu fördern. Die Generali engagiert sich mit ihrer Stiftung The Human Safety Net für die Arbeitsmarktintegration und Existenzgründung von Geflüchteten. Sie sagte: „Die Vielfalt der Menschen bereichert unsere Gesellschaft und ermöglicht neue kreative Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit.“ Darüber hinaus ist die Generali Deutschland stolz darauf, gemeinsam mit Unternehmen wie IKEA und Randstad Teil der Initiative "Vielfalt ist Zukunft" zu sein, die sich für Vielfalt und Inklusion am Arbeitsplatz einsetzt.
Prof. Dr. Marcel Fratzscher betonte in seinem Impuls die Bedeutung der drei Erfolgsfaktoren einer Volkswirtschaft - Technologie, Talente und Toleranz. Beim Faktor Toleranz sieht er in Deutschland noch Verbesserungspotenzial. Er widersprach der Wahrnehmung, dass Zuwanderung in Deutschland gescheitert sei. Die Hürden für die Migration höher zu legen, sei falsch, da dies auch die Zuwanderung hochqualifizierter Menschen eindämme. „Wir müssen offener werden. Willkommenskultur ist dabei entscheidend“, so Fratzscher. Erfolgreiche Zuwanderung bedeute, nicht nur die Hürden zu senken, sondern auch die Integration in die Gesellschaft zu fördern.
Staatssekretärin Leonie Gebers erklärte, dass für 8 von 10 Stellen qualifizierte Fachkräfte benötigt würden. Ausländischen Fachkräften käme daher eine bedeutende Rolle zu, auch da ihre Perspektiven die Wirtschaft stärken.
Die Erwerbstätigenquote der Geflüchteten, die 2015 nach Deutschland kamen, liegt aktuell bei 68 %. Der Job-Turbo des BMAS soll Geflüchtete schneller und einfacher in den Arbeitsmarkt integrieren und langfristig Arbeitslosigkeit vermeiden. Dafür werden Grundkenntnisse der deutschen Sprache gefordert, die über berufsbegleitende Sprachkurse verbessert werden können. Auch die gesellschaftliche Integration sei zentral. Gebers betonte: „Für eine nachhaltige Integration brauchen wir das Engagement aller Akteure – Arbeitgeber, Geflüchtete und die Zivilgesellschaft.“
Marc Biadacz kritisierte die langsamen Anerkennungsverfahren von Qualifikationen, die den Zugang ausländischer Fachkräfte zum Arbeitsmarkt erschweren. Maren Kogge betonte, dass die Unterstützung in den Berufsschulen noch nicht ausreichend sei und Lernende oft überfordert seien.
Anne Kjaer Bathel sieht die Integration von Geflüchteten in deutsche Unternehmen als Win-Win-Situation. Eine Herausforderung sei es, ehrenamtliche Lehrkräfte zu finden. Arbeit werde oft über soziale Kontakte vermittelt und nicht über das Jobcenter. Den CDU-Vorschlag, Geflüchtete in gemeinnützige Arbeit zu vermitteln, verteidigte Biadacz, obwohl Geflüchtetenorganisationen befürchten, dass dadurch Qualifikationen nicht beachtet werden.
In der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten wird bereits vieles richtig gemacht. Durch Initiativen wie dem Job-Turbo setzt die Politik die richtigen Rahmenbedingungen. Wirtschaft und Zivilgesellschaft sind nun aufgefordert, auf geflüchtete Menschen zuzugehen und zu überlegen, ob deutsche Sprachkenntnisse nicht besser parallel zur Berufsanstellung erworben werden können.
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