Pflege leicht gemacht – Was Angehörige wissen müssen

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Lesezeit: 6-7 Minuten

Innerhalb von Sekunden und Minuten kann sich das Leben verändern. Ein Unfall oder Sturz ist schnell passiert. Oft sind es Angehörige innerhalb der Familie, die sich dann um die Pflege kümmern, um die Beantragung von Leistungen und die Sichtung von eventuellen Ansprüchen. Sich mit privater Pflege zu beschäftigen, ist nicht nur emotional gesehen schwierig – auch finanziell und körperlich kann sie belastend sein. Doch oft geht es nicht anders. Ohne pflegende Angehörige würde das Gesundheitssystem trotz Pflegepflichtversicherung schnell an seine Grenzen kommen. Damit du einen Überblick hast und weißt, wie du dich auf eine solche Situation vorbereiten kannst, stellen wir dir nachfolgend Wissenswertes über Pflegezeit, Pflegegeld, Leistung, Pflegegrad und Pflegeversicherung zur Verfügung. Das Wichtigste vorab:

  • Bei plötzlicher Pflegebedürftigkeit können Angehörige unter bestimmten Voraussetzungen eine Freistellung für die Pflege beim Arbeitgeber beantragen.
  • Für Ansprüche auf Leistungen für Pflegende und Angehörige ist die Pflegepflichtversicherung zuständig.
  • Oftmals macht eine zusätzliche private Pflegezusatzversicherung Sinn, die weitere finanzielle Unterstützung übernimmt und anfallende Pflegekosten teilweise oder komplett auffangen kann.

Plötzliche Pflegebedürftigkeit – welche Unterstützung der Gesetzgeber anbietet

Nicht immer ist es absehbar, wann ein Familienangehöriger zum Pflegefall wird. Oft geht es sehr schnell und die Eltern, oder auch ein Kind, sind auf dich als Angehöriger angewiesen. Jetzt kommt es darauf an, wie lange die Pflegebedürftigkeit besteht und welche Leistung benötigt wird. Möchtest du die häusliche Pflege übernehmen, musst oder möchtest aber weiterarbeiten, sind vom Gesetzgeber folgende Regelungen für eine eventuelle Freistellung vorgesehen:

1. Kurzzeitige Arbeitsverhinderung

Handelt es sich um eine sogenannte kurzzeitige Arbeitsverhinderung, bei der du dich um die Organisation der Betreuung kümmerst, kannst du dir dafür zehn Tage Sonderurlaub nehmen. Der dadurch entstandene finanzielle Ausfall wird durch die Inanspruchnahme des Pflegeunterstützungsgeldes abgefedert.

2. Pflegezeit

Pflegst du selbst zum Beispiel in häuslicher Pflege, hast du als pflegender Angehöriger die Möglichkeit, dir eine Pflegezeit von bis zu sechs Monaten zu nehmen. Diese Pflegezeit musst du bei deinem Arbeitgeber schriftlich beantragen – mindestens zehn Tage vor Beginn der Pflegezeit. Beachte hierzu Folgendes: Einen Anspruch auf Pflegezeit hast du in einem Unternehmen, das mehr als 15 Mitarbeiter beschäftigt. Ist das bei dir nicht der Fall, musst du eine individuelle Vereinbarung mit deinem Arbeitgeber treffen. Pflegst und betreust du dein minderjähriges Kind in häuslicher Pflege oder in einer anderen Einrichtung, kannst du eine Freistellung beantragen. Begleitest du einen pflegebedürftigen Angehörigen in der letzten Lebensphase, kannst du dich ein bis drei Monate vollständig oder nur zum Teil aus dem Job ausklinken.

3. Familienpflegezeit

Sind deine Angehörigen längere Zeit als pflegebedürftig eingestuft, spricht der Gesetzgeber von der Familienpflegezeit. Entspricht das deiner Situation, kannst du deine Wochenarbeitszeit auf bis zu 15 Stunden für bis zu 24 Monate reduzieren. Geht es um minderjährige nahe Angehörige, die du zu Hause oder in anderen Einrichtungen betreust, kannst du auch eine Freistellung für bis zu 24 Monate beantragen. Wie bei der Pflegezeit auch, hast du ein Anrecht auf Familienpflegezeit, wenn du in einer Firma mit mehr als 15 Mitarbeitern angestellt bist. In einem kleineren Unternehmen musst du eine freiwillige Vereinbarung mit deinem Arbeitgeber treffen. In beiden Fällen gilt: Der Antrag muss mindestens acht Wochen vor Pflegeantritt schriftlich angekündigt und eingereicht werden, danach ist dir die Freistellung jedoch gesetzlich zugesichert.

Pflegeversicherung, Pflegegeld, Finanzen und mehr

In vielen Fällen deckt die Pflegepflichtversicherung nur einen Bruchteil der anfallenden Pflegekosten ab. Wenn man dann als Familie nicht die nötigen Rücklagen hat und die Eltern auch keine private Pflegezusatzversicherung für sich abgeschlossen haben, kann es zu Engpässen kommen. Damit das nicht passiert, lohnt es sich, gut informiert zu sein über private Pflegezusatzversicherungen, Pflegegeld und die soziale Pflegeversicherung sowie die Leistungen der Krankenversicherung. Auch macht es Sinn, solche Themen schon vor dem Ernstfall in der Familie, beispielsweise bei den alternden Eltern, angesprochen zu haben. So unbequem es auch ist, macht es langfristig Sinn.

Soziale Sicherung der Pflegeperson

Von der Pflegepflichtversicherung des Bedürftigen werden für die Pflegeperson gesetzliche Beiträge in die Renten- und Arbeitslosenversicherung eingezahlt. Das gehört zur Leistung der Pflegepflichtversicherung. Außerdem ist die Pflegeperson gesetzlich unfallversichert. Damit diese Leistungen aus der Pflegekasse fließen können, müssen unter anderem regelmäßig mindestens zehn Stunden, an mindestens  zwei Tagen pro Woche eine Pflegetätigkeit ausgeführt werden. Es gelten weitere Voraussetzungen, die geprüft werden müssen. Wenngleich diese Leistungen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sind, in Anbetracht der Einnahmen, die eine Erwerbstätigkeit in dieser Zeit einbringen würde, so sind sie immerhin etwas, das man als Angehöriger in Anspruch nehmen sollte.

Pflegegrad

Damit Pflegenden überhaupt Pflegegeld von der Pflegepflichtversicherung zusteht und Leistungen von der Pflegepflichtversicherung beantragt und bewilligt werden, wird zunächst der Pflegegrad festgestellt. Insgesamt gibt es die Pflegegrade 1 bis 5. Grundsätzlich wird von der Pflegepflichtversicherung erst ab Pflegegrad 2 Pflegegeld bezahlt. Anders kann es bei der privaten Pflegezusatzversicherung aussehen, dort lohnt sich der Blick auf die Vertragsbedingungen.

Ausgezahlt wird das Geld aus der Pflegekasse an den Pflegebedürftigen, der in der Regel die finanziellen Mittel an die Pflegeperson weitergibt. Es wird nicht nur der Pflegegrad geprüft, sondern auch, ob die ambulante Pflege zu Hause gewährleistet werden kann. Auch eine Kombination von Pflegegeld und Pflegesachleistungen ist möglich.

Pflegekurse und Pflegehilfsmittel
Es gibt kostenfreie Kurse, in denen du lernen kannst, wie du den Alltag der Pflege bewältigst und worauf du als Angehöriger achten solltest. Gerne helfen wir bei der Vermittlung zum Beispiel an den MDP oder Compass. Auch finanzielle Hilfen für Geräte oder andere Sachmittel, die für die Pflege zu Hause benötigt werden, übernimmt die Pflegekasse. Zusätzlich kannst du finanzielle Unterstützungen beantragen, wenn du im Haus oder der Wohnung etwas anpassen musst, damit die Betreuung weiterhin gewährleistet ist und eine Erleichterung für den Pflegebedürftigen erreicht wird.

Private Pflegezusatzversicherung

Auch wenn es sich jetzt so anfühlt, als würden finanzielle Einbußen durch Pflegepflichtversicherungen ausgeglichen werden, so zeigt die Erfahrung vieler Angehöriger, die ihre Ehepartner, Eltern oder Kinder pflegen, das Gegenteil. Nicht zuletzt deshalb droht vielen Angehörigen Burnout und/oder Altersarmut – vor allem, wenn die Pflegebedürftigkeit über mehrere Jahre oder Jahrzehnte fortbesteht und die eigene Erwerbstätigkeit und damit das Einzahlen in die eigene soziale Pflegeversicherung reduziert oder unmöglich gemacht wird. Daher empfehlen wir dir und deinen Eltern, frühzeitig eine private Pflegezusatzversicherung abzuschließen, mit der du die sogenannten Pflege-Lücken schließen kannst. So sorgt ihr vor für mehr finanzielle Sicherheit und Ansprüche auf Leistungen.

Anlaufstellen und Unterstützung

Trotz all der finanziellen Ansprüche, die man als pflegender Angehöriger und als Pflegebedürftiger geltend machen kann, ist und bleibt es eine psychische Belastung, wenn die Eltern oder ein Kind zum Pflegefall werden. Das kann auch eine private Pflegezusatzversicherung nicht auffangen. Daher raten wir dir, dich an entsprechende Institute oder Selbsthilfegruppen für pflegende Angehörige zu wenden, wenn du das Gefühl hast, überfordert mit der Situation zu sein. Auch sogenannte Pflegetelefone und Pflegestützpunkte in deinem Bundesland können dir gegebenenfalls weiterhelfen und häufig gestellte Fragen individueller beantworten, als es eine Suchmaschine könnte.

Der letzte Ausweg: stationäre Pflege im Heim

Es gibt vielleicht einen Zeitpunkt, an dem es einfach nicht mehr leistbar ist, allein rund um die Uhr für die eigenen Eltern oder andere nahe Angehörige da zu sein. Ein schmerzlicher Moment, der eine schwere Entscheidung nach sich zieht – den Pflegebedürftigen in ein Heim zu geben. Es stehen sich die Liebe zum Pflegebedürftigen und die eigenen Kräfte und Bedürfnisse gegenüber. Viele Fragen müssen beantwortet werden. Letztendlich geht es aber auch um das Wohl des Angehörigen, ebenso um dein eigenes.

So schwer es fallen mag, ist es manchmal für alle Beteiligten das Beste, den Vater oder die Mutter in die stationäre Pflege in ein passendes Seniorenheim zu geben. Es kann erleichternd sein, darauf zu vertrauen, dass die Eltern dort professionell und umfassend versorgt sind. Bei der Auswahl der passenden Pflegeeinrichtung sind ebenfalls entsprechende Anlaufstellen behilflich. Besonders wenn es darum geht, die Schwachstellen eines Heimes oder auch die Stärken zu finden.

Fazit

Kommt es in der eigenen Familie zu einem Pflegefall, egal ob es sich um einen kurzfristigen Zeitraum handelt oder um eine dauerhafte Betreuung, gibt es einige gesetzliche Regelungen, die in solchen Fällen in Anspruch genommen werden können. Du findest finanzielle Unterstützung durch Freistellung in der Firma und durch Pflegegeld und Sachzuwendungen. Auch die Pflegepflichtversicherung deckt einige Pflegekosten ab, um pflegende Angehörige im Falle eines Falles nicht im Regen stehen zu lassen. Trotz allem gibt es auch Pflege-Lücken. Die Pflegesituation ist in Deutschland noch ausbaufähig.

Daher ist es sinnvoll, dass du und deine Angehörigen frühzeitig vorsorgt. Denn zu der Belastung und der Betroffenheit sollen nicht auch noch finanzielle Sorgen kommen.

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