Rundum-Schutz
Fast die Hälfte seines Lebens verbringt ein Mensch mit schlafen. Trotzdem fühlen sich viele Menschen morgens nicht wirklich erholt. Und der Muskelkater nach dem Training wird über Nacht auch nicht immer besser. Was Schlaf für unsere Sportlichkeit und Regeneration nach dem Training leisten kann, untersucht Dr. Daniel Erlacher, Sportwissenschaftler an der Universität Bern. Im Interview gibt er uns einen Einblick in sein Fachwissen.
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Generali: Herr Erlacher, wie wichtig ist Schlaf, wenn wir im Alltag gern Sport treiben?
Daniel Erlacher: Schlaf gilt gerade im Sport als Ressource für die körperliche Regeneration. Die Muskeln ermüden tagsüber und brauchen Zeit für Erholung. Andererseits ist Schlaf auch für das Gehirn gut, es organisiert sich neu. Natürlich gibt es zahlreiche weitere Faktoren, wie Schlaf unser Leben und unsere sportliche Leistung beeinflusst, aber das wird schnell unübersichtlich. Eines wissen wir auf jeden Fall: Ohne Schlaf geht es nicht.
Generali: Stimmt es, dass eine schlaflose Nacht in etwa die gleichen Konsequenzen auf Körper und Geist hat wie 1,0 Promille Blutalkohol?
Daniel Erlacher: Solche Vergleiche kann man durchaus ziehen. Es gibt spezifische Tests, bei denen man alle paar Sekunden einen Knopf drücken muss. Je weniger man geschlafen hat, desto größer ist die Reaktionszeit, den Knopf zu drücken. Hat man eine Nacht gar nicht geschlafen, ist die Reaktionszeit stark vergrößert. Alkoholisierte Menschen zeigen ähnliches Abschweifen. Allerdings gibt es da eine große Streuung. Manche Menschen können wenig Schlaf besser kompensieren als andere.
Generali: Wenn wir von wenig oder viel sprechen: Welche Rolle spielt die Schlafdauer?
Daniel Erlacher: Jeder Mensch hat sein eigenes Schlafbedürfnis, im Durchschnitt sind es sieben bis acht Stunden. Aber wie lange genau jemand schläft, ist sehr individuell. Der eine kommt mit sechs Stunden gut aus, ein anderer braucht zehn Stunden. Wichtig ist die Dauer vor allem, wenn man sein gewohntes Schlafbedürfnis unterschreitet. Das führt zu Müdigkeit am Tag und dann eben auch zu schlechteren Leistungen. Aber: Die Schlafqualität darf man nie vergessen.
Generali: Was zeichnet guten Schlaf aus?
Daniel Erlacher: Guter, gesunder Schlaf wird durch einen ausgeprägten Wechsel von Tiefschlaf- und REM-Schlafphasen charakterisiert. Wir können bei Messungen klare Kurven erkennen. Bleiben die Kurven eher flach, würden wir von schlechter Schlafqualität sprechen. Dann fühlen sich Menschen weniger gut erholt, selbst wenn sie lang geschlafen haben.
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Generali: Viele Menschen haben Probleme beim Einschlafen oder Durchschlafen. Kann Training Abhilfe schaffen und die Schlafqualität verbessern?
Daniel Erlacher: Wir sprechen hier von der anekdotischen Evidenz: Große Umfragen ergeben, dass Bewegung an der frischen Luft und Sport vielen Menschen zu besserem Schlaf verhelfen. Inzwischen gibt es auch Studien, die das belegen. Sportliche Aktivität kombiniert mit guter Schlafhygiene führt zu messbaren Verbesserungen. Wann und wie intensiv das Training dazu ausfallen sollte, wissen wir noch nicht genau.
Unter Schlafhygiene versteht man Verhaltensweisen und kleine Rituale, die gesunden Schlaf fördern. Das kann zum Beispiel Folgendes sein:
Generali: Ist dabei wichtig, welchen Sport man treibt?
Daniel Erlacher: Wissenschaftlich können wir das noch nicht so genau sagen. In Studien wird häufig eine Cardiosportart, etwa Laufen, genommen, weil das leicht zu vermitteln ist und es jeder selbstständig umsetzen kann. Würde man bei einer Studie auf Krafttraining setzen, bedeutet das viel mehr Aufwand für alle. Deswegen gibt es noch keine wirklichen Vergleichsstudien. Es könnte durchaus sein, dass Krafttraining etwas stärker schlaffördernd wirkt, weil die Muskeln gezielter beansprucht werden und mehr Regeneration benötigen. Die Studie, die das belegt, fehlt allerdings noch.
Generali: Kann man zu viel Sport machen, sodass der Körper mit der Regeneration im Schlaf nicht mehr hinterherkommt?
Daniel Erlacher: Ob eine körperliche Regeneration schlafabhängig ist, ist eine offene Frage. Es kann durchaus sein, dass Schlaf gar nicht so einen großen positiven Effekt auf die Erholung hat. Die Proteinbiosynthese, also der Muskelaufbau, ist nicht schlafabhängig. Es kann sein, dass Schlaf unterstützend wirkt. Aber wie groß dieser Effekt ist, wissen wir nicht. Was wir genau wissen, ist, dass sich der Körper auch im Wachzustand regeneriert.
Generali: Hobbysportler legen sich gern einen Fitnesstracker zu – viele Geräte überwachen auch den Schlaf. Wie zuverlässig sind diese Messungen?
Daniel Erlacher: Grundsätzlich helfen uns diese sogenannten Aktigraphen durchaus, objektive Schlafdaten zu sammeln. Und das auch noch relativ einfach. Man kann aber nichts pauschalisieren, die technischen Entwicklungen hier sind rasant. So viele Tracker und Uhren, wie es auf dem Markt gibt, so viele Messmethoden und Algorithmen gibt es und folglich auch Ergebnisse. Grundsätzlich skeptisch bin ich, wenn es um Schlafstadien geht, also wenn das Gerät messen soll, ob ich gerade tief oder leicht schlafe. Man benötigt EEG-Daten, um so etwas festzustellen. Das machen solche Uhren definitiv nicht.
Eines ist sicher: Auf Schlaf kann kein Mensch verzichten, zumindest nicht auf Dauer. Wie genau Schlaf unser Leben beeinflusst, ist sehr komplex und wissenschaftlich noch nicht vollständig geklärt. Auf jeden Fall wissen Experten, dass Sport guten Schlaf fördert und Schlaf essenziell für die Leistungsfähigkeit ist. Die tatsächliche Regeneration nach dem Sport hängt aber nicht so stark von gutem Schlaf ab, wie viele Hobbysportler denken.
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